Klaus Störtebeker ist, bevor er Seeräuber geworden, ein Edelmann gewesen. In seinen jungen Jahren hat er lustig gelebt und einst in Hamburg mit andern wilden Gesellen so lange geschmaust, gezecht und gewürfelt, bis er Hab und Gut verprasst hatte. Da haben ihm die Hamburger sein ritterliches Gewand und die Waffen abgenommen und ihn zur Stadt hinausgewiesen. Da ist er Seeräuber geworden.
Das Haupt der Seeräuber aber war Godeke Michels. Der hat Störtebekers Kraft geprüft. Aber der konnte eine eiserne Kette wie Bindgarn zerreißen. So hat ihm Godeke Michels gleich ein Schiff gegeben und den Oberbefehl mit ihm geteilt.
Er wurde nun nicht mehr bei seinem adeligen Namen gerufen, sondern hieß nur Störtebeker, weil er einen vollen Becher auf einmal hinunterstürzen konnte.
Die beiden Hauptleute aber teilten alle Beute mit ihren Raubgesellen. So nannte man sie Likedeler oder auch Vitalienbrüder. So beraubten sie die reich beladenen Schiffe der Hamburger Kaufleute. Einige Seeräuberschiffe hatten die Hamburger wohl erbeutet, aber Klaus Störtebeker hatten sie nicht fangen können.
Einst lagen die Schiffe der Vitalienbrüder bei Helgoland. Hier lauerten sie auf die Hamburger, die nach England fahren wollten. Als die Hamburger das erfuhren, rüsteten sie eine Flotte aus. Das Hauptschiff hieß „Die Bunte Kuh“. Ein junger Seeheld, Simon von Utrecht, befehligte das Schiff. Gegen Abend näherte sich die hamburgische Flotte den Seeräubern.
Die Schiffe gingen vor Anker. Nur ein Blankeneser Schiffer fuhr in seiner Jolle hinüber an das Schiff des Störtebeker. Er war ein alter Bekannter und guter Kamerad der Seeräuber gewesen und wurde deshalb freundlich von ihnen empfangen. Er bat, sein Boot an das Schiff legen zu dürfen, weil das Wasser unruhig sei; er wollte sich Essen kochen. Da es nun Nacht ward und sie meinten, er sei mit dem Essen beschäftigt, schmolz er Blei und lötete ihnen das Steuerruder fest. Unbemerkt entfernte er sich nun und machte den Hamburgern Anzeige.
Am andern Morgen begannen die Hamburger den Kampf. „Die Bunte Kuh“ ging brausend durch die wilde See. Sie rannte gleich das erste Schiff der Seeräuber so kräftig an, dass dessen Vorderteil zerbarst. Drei Tage und drei Nächte dauerte der Kampf. Störtebeker und seine Genossen wehrten sich tapfer. Da floh ein Teil der Räuber. Die Hamburger erbeuteten Schiffe mit reicher Ladung an Tuchen, Wachs und Baumwolle. Simon von Utrecht aber nahm den Klaus Störtebeker und mit ihm noch 71 Seeräuber gefangen.
Langsam fuhren die Schiffe die Elbe aufwärts und landeten endlich im Hafen zu Hamburg. Viel Volk war herbeigeeilt; jeder wollte den gefürchteten Störtebeker sehen. Im langen Zuge wurden die gefesselten Räuber durch die Straßen geleitet und in den Kerker gebracht. Klaus Störtebeker saß in einem Keller des alten Rathauses, der „Störtebekers Loch“ genannt wurde.
Als ihm das Todesurteil verkündet wurde, wollte er dem Senat für Leben und Freiheit eine goldene Kette geben, so lang, dass sie um die ganze Stadt reichte. Aber der Senat wies dies Anerbieten mit Entrüstung zurück. Schon am nächsten Tag wurden alle Seeräuber hingerichtet.
Vergebens hatten die Hamburger in dem Schiffe Störtebekers nach großen Schätzen gesucht. Da man nichts fand, verkaufte man es endlich an einen Zimmermann, dass er es zerschlug. Als der aber die Säge ansetzte, traf er gleich auf etwas Hartes und bald schimmerte ihm das helle Metall entgegen. Er machte dem Senat Anzeige davon und als man nun die Masten untersuchte, war der eine mit purem Golde, der andere mit Silber und der dritte mit Kupfer angefüllt. So waren auch die übrigen Balken ausgehöhlt. Man belohnte den Zimmermann reichlich und ließ aus dem Golde eine Krone verfertigen. Diese Krone ist später auf den Turm der St.-Katharinen-Kirche gesetzt worden.