Die Mannschaft eines Bootes landete einmal auf einer Bank, in der Absicht, Seehunde zu jagen. Sie hatte viel Glück, betäubte mehrere und streifte, während sie wie gelähmt lagen, ihnen die Haut mit dem daran klebenden Fell ab. Die toten Leichname ließ, man liegen und machte sich auf, mit der Beute das Boot wieder zu besteigen und zu Papa Stour, wo man hergekommen war, zurückzukehren. Als die Leute sich aber eben einschiffen wollten, erhob sich ein solcher Sturm, dass sie wohl einsahen, sie dürften keinen Augenblick verlieren; ein Jeder eilte daher so schnell wie möglich in das Boot. Allen gelang es, nur Einem nicht, der unvorsichtiger Weise zurückgeblieben war. Seine Gefährten wollten ihn durchaus nicht zurücklassen, da er leicht dort umkommen konnte; die Wellen gingen aber zu hoch, dass es ihnen nach vielen vergeblichen Versuchen unmöglich war, das Boot nahe zu bringen, und sie sich gezwungen sahen, abzufahren und den unglücklichen Mann seinem Schicksal zu überlassen.
Eine dunkle stürmische Nacht erhob sich; die See schlug wütend an die Felsen, und der arme verlassene Shetländer sah den gewissen Tod vor Augen, denn Hunger oder Kälte mussten zuletzt seinem Leben ein Ende machen, wenn ihn nicht früher die Brandung mit fortriss. Endlich bemerkte er, wie mehrere von den Seehunden, die den Schiffern entschlüpft, sich der Bank näherten. Als sie landeten, streiften sie ihre Seehundkleider ab und erschienen in ihrer wahren Gestalt, als See-Trows. Ihr Erstes war, ihre Freunde, die betäubt und abgehäutet da lagen, wieder zu sich zu bringen. Diese nahmen, als es gelungen war, auch wieder ihre ursprüngliche Gestalt an, und zeigten sich als Unterseeische. Aber in traurigen Tönen, die der heulende Sturm wild begleitete, beklagten sie den Verlust ihrer Seegewänder, der ihnen für immer verwehrte, nach ihrer Heimat in den tiefen Fluten des atlantischen Ozeans zurückzukehren. Hauptsächlich trauerten sie um Ottaritinus, den Sohn der Gioga, der, seines Seehundfelles beraubt, für immer auf der Oberwelt bleiben musste.
Ihr Gesang wurde zuletzt unterbrochen, als sie den unglücklichen Bootsmann erblickten, der mit bebenden Gliedern und verzweifelten Blicken die wütenden Wellen, die jetzt über die Bank schlugen, anschaute. Kaum gewahrte Gioga ihn, so machte sie augenblicklich den Plan, aus der gefährlichen Lage des Mannes Nutzen für ihren Sohn zu ziehen. Sie trat zu ihm, redete ihn freundlich an und versprach, ihn auf ihrem Rücken über die See zu Papa Stour zurück zu tragen, unter der Bedingung, dass er ihr ihres Sohnes Seehundfell beschaffte. Der Handel war bald geschlossen. Gioga steckte sich in ihr seehundlich Kleid, aber den Shetländer verließ fast der Mut, als er die wild brausende Flut ansah, die er durchreiten sollte. Er bat daher die alte Dame, ihm zu erlauben, einige wenige Löcher in ihre Schultern zu schneiden, damit er sich besser festhalten könne, indem er ihr die Hand zwischen Fell und Fleisch steckte.
Gioga willigte aus mütterlicher Zärtlichkeit ein. Nachdem der Mann Alles in Ordnung gebracht hatte, stieg er auf, sie sprang augenblicklich in die See, durchschnitt dieselbe mutig und setzte ihn wohlbehalten zu Awes Gio bei Papa Stour an’s Land. Von dort ging er nach Skeo zu Hamma Voe, wo die Haut war, und löste sein Versprechen auf eine ehrenvolle Art, indem er ihr das Mittel verschaffte, ihren Sohn nach der Heimat zurückzubringen.
Von den Shetland-Inseln