Auf dem Weidenhofe bei Schwerte liegt schon seit undenklichen Zeiten ein reicher Schatz vergraben, von dem man aber nichts anders weiß, als daß eine verwünschte Jungfrau ihn bewachen muß.
Als im dreißigjährigen Kriege viele Soldaten in der Stadt lagen, gingen einst zwei von diesen des Abends in ein Wirtshaus, welches da stand, wo jetzt die Schwerter Mühle liegt. Gegen Mitternacht kehrten sie in ihr Quartier zurück. Ihr Weg führte sie über den Weidenhof. Als sie auf diesem ankamen, sahen sie plötzlich eine weiße Jungfrau vor sich stehen, worüber sie sehr erschrocken waren und zunächst davon laufen wollten. Aber die Jungfrau rief einen von ihnen beim Namen. Da faßte sich dieser ein Herz und fragte sie: „Was tust du hier?“ Worauf sie antwortete: „Ich bewache hier einen Schatz,“ und sie fügte hinzu, daß der Soldat den Schatz haben solle, wenn er sie erlöse. Er solle morgen Nacht in derselben Stunde wiederkommen, aber allein. Darauf verschwand sie. Aber der Soldat fürchtete sich und kam in der folgenden Nacht nicht wieder.
Nicht lange danach wurde ein Schwerter Bürger auf gleiche Weise von der Jungfrau angeredet. Dieser versprach wiederzukommen. Er hielt sein Wort. Die Jungfrau sagte zu ihm: „Fang da an zu hacken!“ Er aber entgegnete ihr: „Hacke du selbst!“ Sie tat dies und hackte in der Erde ein glänzendes Schloß los. Dies gehörte zu einer Kellertür, die sich von selbst öffnete. Der Mann ging hinein und sah nichts als Gold und Silber. Er packte alle seine Taschen voll. Die Jungfrau aber rief ihm zu: „Vergiß das Beste nicht!“ Er meinte, er solle bloß das Gold nehmen und das Silber liegen lassen, und er ergriff daher bloß nach dem Golde, trat dann wieder heraus und die Kellertür schlug hinter ihm zu. Da sprach seufzend die Jungfrau: „Hättest du auch den Schlüssel mitgenommen, so wäre ich erlöst und du der reichste Mann auf Erden!“ Mit diesen Worten verschwand sie. Schloß und Kellertür hat man nie wiedergesehen. Die Jungfrau aber geht noch oft um Mitternacht herum und seufzt und weint.